Gleichberechtigung – keinen Schritt zurück in Corona-Zeiten!

Die Teilnehmerinnen der Diskussion im Bistro des Landtages.
Gemeinsam mit Professorin Jutta Allmendinger und VW-Vorständin Hiltrud D. Werner diskutierte die Parlamentspräsidentin, ob und wie sich die anhaltende Pandemie auswirkt. (© Niedersächsischer Landtag)
Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta
Dr. Gabriele Andretta ist die erste Präsidentin des Niedersächsischen Landtages. (© Niedersächsischer Landtag)

Dr. Gabriele Andretta ist die erste Präsidentin des Niedersächsischen Landtages. Professorin Jutta Allmendinger ist die erste Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Hiltrud D. Werner ist eine der ersten Frauen im Vorstand des Weltkonzerns Volkswagen (VW). Alle Frauen eint also die Erfahrung, zu den ersten Vertreterinnen in ihren Spitzenpositionen zu gehören – sei es in der Politik, der Wissenschaft oder der Wirtschaft. Anlässlich des Internationalen Frauentages (8. März) lud Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta zu einer digitalen Veranstaltung unter dem Motto „Gleichberechtigung – keinen Schritt zurück in Corona-Zeiten!“. Gemeinsam mit Professorin Jutta Allmendinger und VW-Vorständin Hiltrud D. Werner diskutierte die Parlamentspräsidentin, ob und wie sich die anhaltende Pandemie sowie die diversen Veränderungen des Arbeitslebens auf die Gleichberechtigung auswirkt.

In ihrem Impulsvortrag referierte Soziologie-Professorin Allmendinger die wissenschaftlich gewonnenen Daten im Kontext von Gleichberechtigung: „Wir haben noch immer einen sehr, sehr hohen Gender Pay Gap.“ Unbereinigt belaufe sich der durchschnittliche Gehaltsunterschied auf bis zu 20 Prozent. Eine ähnliche Tendenz zeige der Gender Care Gap: Während Frauen durchschnittlich zehn Stunden unbezahlte Fürsorgearbeit pro Woche leisten würden, wären es bei Männern nur fünf. In das derzeitig äußerst vielfältig genutzte Homeoffice würden sehr viele Hoffnungen hinsichtlich der Gleichberechtigung projiziert werden. Zwar biete das Homeoffice grundsätzlich die Möglichkeit, Familienleben und Beruf besser vereinen zu können. Doch dürfe nicht übersehen werden, dass strukturelle Ursachen der Ungleichberechtigung dadurch mitnichten beseitigt werden würden.

Hiltrud D. Werner, im VW-Vorstand verantwortlich für die Bereiche Integrität und Recht, betonte, dass es ihr auch um „faktische, nicht nur rechtliche Gleichstellung“ gehe. Frauen müssten innerhalb von Unternehmen Lösungen angeboten werden, keine bloßen Förderungsabsichten. So könne eine Abkehr von starren Arbeitszeitmodellen sowie die Etablierung von Tandemmodellen – auch in Führungspositionen – zu konkreten Verbesserungen führen. All das müsse von einer Unternehmenskultur getragen werden, die Gleichberechtigung authentisch forciere. Diversität grundsätzlich müsse für Unternehmen bereits aus purem Eigeninteresse ein Ziel sein: Studien würden beweisen, dass disruptive Transformationsprozesse – wie aktuell etwa im Mobilitätsbereich – mit divers zusammengesetzten Teams am besten gemeistert werden könnten.

Nach den Impulsvorträgen begann eine Diskussion, geleitet von Dr. Claudia Christophersen, Leiterin Kulturmagazine NDR Kultur. Zuschauerinnen und Zuschauer konnten vor und während der Veranstaltung Fragen und Impulse einreichen. Die Diskussion fokussierte sich vor allem auf konkrete Ansätze für mehr Gleichberechtigung sowie persönliche Erfahrungen und daraus abgeleitete Ratschläge. Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta betonte: „Ich bin eine entschiedene Befürworterin von Quoten.“ Sie sehe keine andere Möglichkeit, über Jahrhunderte eingeübte patriarchale Strukturen anderweitig nachhaltig aufzubrechen. Beispielsweise würden, so die Parlamentspräsidentin, Themen der Gleichberechtigung mit vielmehr Nachdruck angegangen werden, wenn die Parlamente auch paritätisch besetzt seien. Hiltrud D. Werner unterstrich die Notwendigkeit, sich von Rückschlägen, gerade als Frau, nicht von der eigenen Zielsetzung abbringen zu lassen.

Nach einer regen Diskussion waren sich alle drei Frauen einig: In Sachen Gleichberechtigung gibt es, gerade in Zeiten der anhaltenden Pandemie, noch sehr viel zu tun – und das 110 Jahre nach dem ersten Internationalen Frauentag.