"Ein Zerrbild der Wirklichkeit"
Frauenbilder in den Medien
"Das Medienbild ist ein deutliches Zerrbild der Wirklichkeit", machte Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta gleich zu Beginn ihres Grußwortes deutlich. "Ich bin überzeugt: Solange Frauen nicht gleichberechtigt in den Medien dargestellt werden, werden wir auch keine gesellschaftliche Gleichberechtigung haben." Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März lud die Parlamentspräsidentin Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien in den Landtag ein, um gemeinsam das Thema "Frauenbilder in den Medien" in den Fokus zu stellen. So kamen über 200 Frauen aus unterschiedlichen Bereichen und unterschiedlicher Generationen zusammen.
Ursprünglich hatte die renommierte Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Elizabeth Prommer zugesagt, einen Input-Vortrag zu halten, musste jedoch krankheitsbedingt absagen. Gemeinsam mit der MaLisa Stiftung - 2016 von der Schauspielerin Maria Furthwängler und ihrer Tochter Elisabeth gegründet - realisierte die Forscherin eine der größten Studien zur Darstellung von Geschlechtern in Film, Fernsehen sowie den sozialen Medien. Wie werden Frauen - und Männer - in den Medien dargestellt? In welchen Rollen werden sie gezeigt? Diese Fragen beantwortet die Studie " Audiovisuelle Diversität?".
Trotz Verhinderung von Prof. Prommer fanden die eindrücklichen Ergebnisse Eingang in die Veranstaltung. Landtagspräsidentin Dr. Andretta fasste die wichtigste Kennzahlen zusammen: Auf jede Frau würden in der medialen Darstellung zwei Männer kommen - ausgenommen davon sind lediglich Formate wie TV-Soaps und Telenovelas. Noch immer werden maßgeblich Männer als Experten für Interviews ausgewählt. In Kinderserien sei nur eine von vier Figuren weiblich. Wenn Frauen dargestellt werden, sei dies immer noch äußerst stereotyp: "Frauen immer Kino sind fast immer schlank, haben mittellange Haare und sind nicht zu alt", fasste es die Landtagspräsidentin zusammen.
Ohne Frage: In vielerlei Hinsicht sei die gesellschaftliche Emanzipation vorangekommen. Aber solche Zahlen sprächen für sich. Auch 110 Jahre nach dem ersten Weltfrauentag sei es geboten, für die Gleichberechtigung energisch zu kämpfen - in den Medien, der Gesellschaft und in der Politik. "Beharren wir auf Fortschritt!", betonte die Parlamentspräsidentin.
Aufgelockert wurde das Programm durch die musikalischen Beiträge von Rabea Bollmann, die, gemeinsam mit Michael Noeh, besinnliche Klänge in die Portikushalle des Landtages brachte.
Im Anschluss an die Rede der Präsidentin fand eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion statt: Andrea Lütke, Direktorin des NDR Landesfunkhauses Hannover, Denise M'Baye, Schauspielerin und Sängerin, sowie Franziska Stünkel, unter anderem Regisseurin und Drehbuchautorin, stellten sich den Fragen von Saskia Döhner, Redakteurin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ).
Franziska Stünkel wies darauf hin, das "was vor Kamera passiert, wird hinter der Kamera entschieden". Es sei also ein entscheidender Schritt, mehr Drehbuchautorinnen die Möglichkeit zu geben, ihre Filmprojekte umzusetzen. Dies scheitere unter anderem daran, dass die Entscheidungsgremien noch immer männlich dominiert seien. "Hier kann die Quote das Mittel der Qual sein", so die Filmschaffende.
Funkhausdirektorin Andrea Lütke verwies auf ganz praktische Mittel, um für mehr Gleichberechtigung in den Medien zu sorgen: "Corona ist medial männlich, Männer erklären uns die Welt. Das wollen wir bei uns im NDR ändern. Aktuell sind wir dabei, eine Expertinnendatenbank aufzubauen." Dies sei eine Möglichkeit, mit patriachalischen Gewohnheiten zu brechen.
Auf die Frage, welche Rollen sie gerne im Sinne einer gleichberechtigten Medienwelt spielen wolle, antwortete Schauspielerin Denise M'Baye: "Alle, die in der Wirklichkeit auch möglich sind - und das sind immer mehr." Teilweise sei man in der Realität viel weiter in Sachen Gleichberechtigung als in der medialen Projektion. Diese Diskrepanz müsse angegangenen werden.
Im Anschluss an die Veranstaltung gab es Zeit, weiter intensiv über Frauenpolitisches zu sprechen - auch dann standen die Chancen und Widrigkeiten von Quotenregelungen ganz oben auf der Agenda. Landtagspräsidentin Andretta war sich sicher: "Im kommenden Jahr sehen wir uns wieder - wir haben bezüglich der Gleichberechtigung noch große Aufgaben vor uns."