30. Jahrestag "Tag der Deutschen Einheit"

Die deutsche Einigung war "ein Glücksmoment der Geschichte", betonte Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta gleich zu Beginn – auch und gerade für Niedersachsen. „Mit der Überwindung der Teilung ist Niedersachsen nicht länger Grenzland, sondern in die Mitte Deutschlands gerückt.“ Anlässlich des 30. Jubiläums der Deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2020 fand am 5. Oktober ein großer Festakt statt. Natürlich: Auch beim großen Festakt wurde streng auf die Einhaltung der Corona-bedingten Schutzmaßnahmen geachtet.

Landtagspräsidentin Dr. Andretta konnte über 120 Gäste im Plenarsaal begrüßen, darunter Abgeordnte, Mitglieder der Regierung, den Präsidenten des Staatsgerichtshofs oder auch Schülerinnen und Schüler, die sich für den Austausch von Ost und West einsetzen. Die Geschichte Niedersachsens sei eng und vielfältig mit den Folgen der Wiedervereinigung verbunden, konstatierte die Parlamentspräsidentin: „Niedersachsen sah sich dabei in besonderer Verantwortung. Erste Kontakte entstanden bereits im November 1989 über die Räte der Bezirke Magdeburg und Halle. Mit der Einheit wurden die Bande enger, konkreter: 1992 war bereits jeder fünfte aus den alten Ländern in die neuen Länder entsandte Landesbeamte ein Niedersachse. Auch der Landtag machte hier keine Ausnahme: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienst haben die Sachsen-Anhaltinische Verfassung mit erarbeitet.“

Ministerpräsident Stefan Weil hielt ebenfalls eine Ansprache und wählte einen ganz persönlichen Auftakt. Er könne sich noch gut an die Fahrten nach Westberlin erinnern, die immer "ein kleines Abenteuer waren". Der mürrische Grenzbeamte, die "bewusst unfreundlich organisierten" Kontrollen – all das sei noch sehr präsentent. Und gleichzeitig Geschichte. Aus der einst tödlichen Grenze ist heute das grüne Band geworden, eines der größten Biotope in der ganzen Bundesrepublik. Durch die Wiedervereinigung sei Niedersachsen vom Rande Westeuropas in die Mitte Europas gerückt worden, so der Regierungschef. Bei allen Erfolgen müsse dennoch auch der nach wie vor nicht abgeschlossene innere Einigungsprozess in den Blick genommen werden: Im Gegensatz zur staatlichen Einheit sei die innere Einheit offensichtlich noch nicht vollendet.

Festredner war Prof. Dr. Thomas de Maizière (MdB), der unter anderem den Einigungsvertrag mit ausverhandelte und in vielerlei verantwortungsvollen Staatsämtern am politischen Umbau der neuen Bundesländer beteiligt war. "Von Beginn haben Sie die Wiedervereinigung mitgestaltet", fasste es Landtagspräsidentin Dr. Andretta zusammen. Darüber hinaus gibt es eine direkte Verbindung des Bundesministers a.D. zu Niedersachsen: Er wurde in Hannover eingeschult, seine Mutter dort geboren und sein Vater hatte eine Buchhandlung im Herzen der Landeshauptstadt. Festredner de Maizière schaute auf die großen historischen Linien zurück, die die Wiedervereinigung bedingten – und blickte gleichermaßen in die Zukunft. Das historisch Errungene müsse gelebt, gepflegt und immer wieder in Erinnerung gerufen werden, um die Herausforderungen  der Zukunft meistern zu können. Die Menschen damals hätten eine Utopie vor Augen, fernab von "Unfreiheit, Bespitzelung und Diktatur". Das Bekenntnis zu etwas Positiven, Konstruktiven unterscheide die Demonstrierenden von damals zu einigen von heute.

Misstrauen in die, die Verantwortung haben, müsse kontinuierlich und stetig abgebaut werden, und zwar durch eines: "Durch gute Arbeite derer, die Verantwortung haben." Die Erfahrungsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen dürften nicht ignoriert werden, vielmehr gehe es um eine pragmatische und positive Anerkennung dieser Unterschiede, nicht um eine spaltende Abgrenzung. Auf dieser Grundlage müsse gemeinsam an der Zukunft gearbeitet werden.

Die gesamte Festrede von Prof. Dr. Thomas de Maizière kann hier heruntergeladen werden.

Felix Moskalev, Schüler der Leibnizschule Hannover, hat Prof. Dr. Thomas de Maizière anlässlich des Besuches in der Landeshauptstadt intensiv im Landtag interviewt. Hier geht es zum Video.

Prof. Dr. Thomas de Maizière sitzt vor dem Gästebuch, Landtagspräsidentin Andretta im Hintergrund
Prof. Dr. Thomas de Maizière trug sich in das Gästebuch von Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta ein. (© Lea Schunk/Niedersächsischer Landtag)
Prof. Dr. Thomas de Maizière hielt am Rednerpult des Plenums seine Festrede
Prof. Dr. Thomas de Maizière hielt im Plenarsaal die Festrede. (© Schriftzug im Gästebuch "Festakt 30 Jahre Deutsche Einheit im Niedersächsischen Landtag am 5. Oktober 2020")
Sängerin Tokunbo Akinro und das Orchester musizieren auf den eigentlichen Regierungsbänken
Das Orchester im Treppenhaus sowie die Sängerin Tokunbo Akinro sorgten für die musikalische Rahmung des Festaktes. (© Lea Schunk/Niedersächsischer Landtag)